„WIR WOLLEN DER NEUGIER RAUM GEBEN“

„WIR WOLLEN DER NEUGIER RAUM GEBEN“

Interview mit dem Architekten Jürgen Mayer H.

2020 soll es endlich losgehen mit dem Umbau der RAW-Hallen zum Digitalzentrum. Architekt ist Jürgen Mayer H., der Schöpfer des „Metropol Parasol“ in Sevilla.

JÜRGEN MAYER H. ist einer der wichtigsten Architekten unter den Newcomern, sein „Parasol“ in Sevilla machte ihn international bekannt

In die Altstadt von Sevilla setzten Sie Ihren virtuos-modernen „Metropol Parasol“ und wurden schlagartig über Grenzen hinaus berühmt. Warum nun Potsdam?
Mit Potsdam verbindet uns schon seit vielen Jahren das Interesse an neuen
innovativen Architekturen. Wir haben im Jahr 2003 den internationalen Wettbewerb für die Speicherstadt Potsdam gewonnen und uns intensiv mit dem Ort beschäftigt. Es freut uns, jetzt daran anzuknüpfen und diese Ideen weiter zu entwickeln und umzusetzen.

Das Reichsbahnausbesserungswerk, kurz: RAW, steht seit 1997 unter Denkmalschutz. Ihr erster Entwurf – Sie wollten die alte Halle nicht nur in Neubauten einfassen, sondern auch „überbrücken“ – wurde nach massiven Protesten kastriert. Wie gehen Sie damit um?
Die Formulierung eines architektonischen Konzepts für ein so neuartiges
Gebäudeensemble ist ein spannender und komplexer Prozess, der verschiedene
Optionen zur Diskussion stellt. In Bezug auf Nutzungen, Denkmalschutz,
Gestaltungsintegrität und städtebaulicher Einbindung werden unterschiedliche Argumente geprüft. Die Komposition aus drei Baukörpern, also historische Halle und zwei begleitende Neubauten, schafft einen vielfältigen Campus mit verschiedensten räumlichen Angeboten und Erlebnissen.

Die Abmessungen des Projekts übersteigen alles, was in Potsdam seit der Wende gebaut worden ist. Was sagen Sie denjenigen, die sich an dieser Stelle Sorgen um das
Stadtbild machen?
Die städtebauliche Einbindung versteht man, wenn man die gesamte Bebauung
entlang der Bahnstrecke vom Bahnhof her betrachtet. Die großen Hallen und Bauten im Bestand geben hier eine besondere Maßstäblichkeit innerhalb Potsdams vor, die wir mit unserem Entwurf aufgenommen haben und am östlichen Ende dieser Reihe abschließen. Der Dialog zwischen Schrägdach bei der historischen Halle und den geknickten Dachlinien der Neubauten gibt diesem Projekt eine klare Identität.

Schaffen Sie ein Denkmal für die schöne neue digitale Arbeitswelt?
Es wird eine große Mischung an Funktionen geben, die einen lebendigen Ort von internationaler Strahlkraft entstehen lässt, was auch mit der Architektur ausgedrückt wird. Neben Lehre, Forschung, Arbeiten und Verwaltung wird es vor allem auch ein
Ort der Begegnung und Vernetzung werden, mit Veranstaltungsflächen,
Gastronomie und Einzelhandel.

Wann ist Baubeginn und wann soll das Digitalzentrum fertig sein?
Es gibt einen straffen Terminplan und wir freuen uns, dass das Projekt mit so viel Interesse verfolgt wird.

Herr Mayer, formulieren Sie bitte für uns Ihr architektonisches Motto in einem Satz …
Wir verstehen Architektur als Möglichkeitsraum und Suche nach dem Potenzial des Ortes. Oder kurz gesagt: der Neugier Raum geben.

verfasst von
Till Weishaupt

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