MATCH BETTER

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Die menschliche DNA: Die Entdeckung der Doppelhelix- Struktur war Grundlage für die weitere Genforschung

Das Bundesgesundheitsministerium hat 2021 eine nationale Datenbank für Überkreuz-Lebendspenden bei Nieren ins Gespräch gebracht. Laut Thomas Klein, Gründer der digitalen Diagnostikplattform Pirche AG mit Sitz in Berlin und Boston, drängt die Zeit. Täglich sterben drei Menschen auf der Warteliste für eine Nierentransplantation. Er erklärt, welche neuen Technologien dieser Datenbank zum Durchbruch verhelfen und jährlich das Leben Tausender transplantierter Patienten retten und verbessern können

Aktuell warten bei uns 6.500 Menschen auf eine Spenderniere. Die Wartezeit in Deutschland beträgt oft sieben bis acht Jahre oder mehr. Und viele von ihnen warten ewig, weil die Wahrscheinlichkeit, einen genetisch passenden Spender zu finden, gegen null geht. Warum? Es gibt einfach zu wenige Spender. Man unterscheidet zwischen verstorbenen und Lebendspendern. Bei den verstorbenen Spendern, die einen Spenderausweis hatten und deren Familie nach dem Tod zugestimmt hat, ist die Zahl vor allem bei gesunden Männern sehr stark rückläufig. Das hat durchaus damit zu tun, dass der Straßenverkehr viel sicherer geworden ist. Zudem gibt es den Faktor „alternde Gesellschaft“: Auch die Spendernieren sind „alt“, was zusätzliche medizinische Probleme nach der Transplantation des Organs in einen fremden Körper mit sich bringt. Bei den Lebendspendern gibt es das Hindernis, dass der willige Spender, z. B. aus der Familie, eventuell genetisch nicht oder nur schlecht passt. Somit kann dieses großartige Geschenk, eine der zwei Nieren zu spenden, zum Schutz des Spenders oder der Spenderin nicht in Betracht gezogen werden.

Wie wird aktuell die Auswahl vorgenommen? Bei Eurotransplant, ein Verbund von acht europäischen Ländern einschließlich Deutschland, der die Zuordnung von verstorbenen Organspendern organisiert, gibt es ein Punktesystem. Hier werden unter anderem die Faktoren Blutgruppe, Spendertyp sowie Patientenalter erfasst und in einem begrenzten genetischen Abgleich Punkte vergeben. Die Wartezeit ist ebenfalls ein ausschlaggebender Faktor. Für die Lebendspende ist immer die Klinik zuständig, bei der der wartende Patient registriert ist. Die Zeit auf der Warteliste ist für die Patienten sehr schwer: Sie müssen drei- bis viermal pro Woche zu einer mechanischen Blutwäsche, zur sogenannten Dialyse. Ein selbstbestimmtes Leben ist da nur sehr schwer möglich.

Viele Empfänger erleben, dass das Organ nach einer verhältnismäßig kurzen Zeit nicht mehr funktionstüchtig ist. Warum? Verantwortlich sind ungenaue Kriterien bei der Zuordnung vor der Transplantation; hier werden die wissenschaftlichen Erkenntnisse der letzten 15 Jahre leider noch nicht gänzlich umgesetzt. Im heute etablierten Monitoring nach der Transplantation, das die Funktionsfähigkeit des Transplantates über viele Jahre überwachen soll, verlieren statistisch fast 30 Prozent der Patienten das Organ in den ersten fünf Jahren. Nach zehn Jahren hat weniger als die Hälfte der transplantierten Patienten noch ein funktionsfähiges Organ – und diese Zahlen sind eher optimistisch.

Welche Auswirkungen hat eine nur kurzzeitig erfolgreiche Transplantation? Die Patienten leiden sehr und ihre einzige Chance ist eine erneute Dialyse sowie die Hoffnung auf eine zweite Transplantation. Gleichzeitig führt ihre Rückkehr auf die Warteliste zu einer weiteren Verknappung der verfügbaren Organe. Zahlreiche Patienten haben darüber hinaus durch die erste Transplantation Antikörper gegen einen Großteil der potenziellen Spender entwickelt, wodurch diese ausgeschlossen werden müssen. Das gilt leider insbesondere auch für Frauen schon bei der ersten Transplantation, die eine oder mehrere Geburten hatten. Also unsere Mütter. Durch die Schwangerschaft(en) hat ihr Immunsystem sehr starke Abwehrreaktionen entwickelt, die nach einer Transplantation – selbst Jahre nach der Schwangerschaft – sofort und heftig wieder aktiv werden. Dies verursacht häufig starke Probleme bis hin zum frühen Verlust des Organs.

Wie kann die Chance auf einen langfristigen Erfolg erhöht werden? „Wir haben das Problem mit Algorithmen der Künstlichen Intelligenz gelöst“ · MediaTech-Anwendungen Die Pirche Technologie ermöglicht es Ärzten, auf der Grundlage der genetischen Veranlagung der Patienten fundierte Entscheidungen über die erforderlichen Maßnahmen für die am besten geeigneten Transplantations- und Behandlungspläne zu treffen. Jedes einzelne genetische und molekulare Spenderorgan-Patient-Verhältnis wird über KI-Algorithmen mit hunderttausenden virtuellen Fällen aus weltweiten Datenbanken verglichen. So kommt die Pirche Technologie bereits vor einer Transplantation zu hochpräzisen Aussagen über den zu erwartenden medizinischen Verlauf für die folgenden 10 bis 15 Jahre und kann helfen, einen frühzeitigen Verlust des gespendeten Organs zu verhindern. Die medizinische Evidenz dieser einzigartigen deutsch-niederländischen Spitzentechnologie ist mit 55 begutachteten Publikationen zu mehr als 75.000 Patientenfällen belegt. Bereits mehr als 650 Kliniken weltweit haben Zugang zu der hochinnovativen Plattform. Zu den wichtigsten Partnerkliniken gehören neben der Charité Universitätsmedizin Berlin die Universitätskliniken von Utrecht, NYU, Harvard, Stanford, Johns Hopkins und MD Anderson Cancer Center. Pirche ist zudem mit allen Software-Plattformen der großen Diagnostik-Anbieter weltweit vernetzt. 25 erteilte Patente schützen das geistige Eigentum in den USA, Europa und Asien. Mit Pirche haben Patienten eine nachgewiesene Chance auf bessere Behandlungsergebnisse, weniger Komplikationen und eine höhere Lebensqualität. Die Kostenträger können mit geringeren Ausgaben pro Patient rechnen und die Krankenhäuser können ihre Transplantationsergebnisse und die Erfolgsquoten bei der Krebsbehandlung verbessern. Weitere Informationen finden Sie bitte unter: www.pirche.com DIE PIRCHE AG Pirche, mit Sitz in Berlin und Boston, ist ein führendes Unternehmen für die Anwendung künstlicher Intelligenz (KI) bei der molekularen Medizin in den Bereichen Nephrologie, Onkologie und Leukämie. Eines der größten bestehenden Probleme, zum Beispiel bei Nierentransplantationen, ist die richtige Zuordnung von Spenderorganen für mögliche Patienten. Das führt leider immer noch zu der völlig unbefriedigenden Situation, dass mehr als die Hälfte der transplantierten Nieren bereits während der ersten zehn Jahre nach der Transplantation wieder verloren geht, die Patienten zur Dialyse zurückkehren müssen und die ohnehin schon lange Warteliste für Spenderorgane weiterwächst. Der Name PIRCHE ist ein Akronym und steht für „Predicted Indirectly Recognizable HLA Epitopes“ So funktioniert die Pirche-Technologie KI macht es möglich: der revolutionäre Pirche-Algorithmus Die Wissenschaft hat bis heute 34.000 Allele (Varianzen) der 12 betreffenden Gene identifiziert, die die Passgenauigkeit bei Transplantationen beeinflussen. Daraus entstehen 1038 mögliche Kombinationen – eine Eins mit 38 Nullen (100 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000). Mathematiker nennen diese Zahl „hundert Sextillionen“. Kein Rechner kann dies in annehmbarer Zeit berechnen. Pirche hat dieses Problem mithilfe von Algorithmen der Künstlichen Intelligenz gelöst, die die Wahrscheinlichkeiten von Funktionalitäten höchst präzise nutzen, und bietet mit „match better“ eine Technologie an, die den langfristigen Erfolg einer Transplantation signifikant erhöht. THOMAS KLEIN CEO der Pirche AG 36 TRANSPLANTATIONSNACHSORGE ORGANVERSAGEN Wie bereits erwähnt, stützt sich die Zuordnung eines Spenderorgans zu einem Patienten in Not derzeit auf nur wenige medizinische Kriterien: Alter, die vier Blutgruppen und drei extrem variable Genorte, sogenannte Loci auf unserem Genom. Diese verschlüsseln im Wesentlichen die Erbinformation für das Immunsystem. Mittlerweile sind jedoch drei weitere Genorte bekannt, die großen Einfluss auf die Immunkompatibilität haben. Daraus ergeben sich sehr viele mögliche Varianten; zumal diese Gene sowohl mütterlicher- als auch väterlicherseits vererbt werden, was die Anzahl der Ausprägungen verdoppelt. Beim Abgleich der Passgenauigkeit zwischen Spender und Empfänger müssen all diese Aspekte individuell in Betracht gezogen werden. Ohne neue Methoden zur Auswertung ist die Chance, in der Fülle der Daten ein Match zwischen Patient und Spender zu finden, jedoch sehr gering. Genau hier setzt Pirche mit einer revolutionären Technologie an.

Wie sieht diese Technologie von Pirche aus? Was ist daran revolutionär? Pirche hat das genetische Problem biologisch skizziert und mit Algorithmen der Künstlichen Intelligenz gelöst. Wir berechnen mit unseren bioinformatischen Konzepten die möglichen Ziele einer Immunantwort und erhalten dadurch Ergebnisse, die die Passgenauigkeit für den einzelnen Patienten zu dem betreffenden Organ wesentlich besser beschreiben können. Gleichzeitig simulieren und vergleichen wir den konkreten Patienten, der diese eine Niere bekommen soll, mit Tausenden von virtuellen Spendern. Hier nutzen wir weltweit verfügbare wissenschaftliche Datenbanken zu genetischen und medizinischen Informationen aus Millionen von Patientenfällen. Auch ethnische Varianzen der Patienten und Spendergene können einberechnet werden. Das Gedächtnis des Immunsystems, wie es vor allem bei den oben erwähnten Müttern oder bei Zweitund Dritt-Transplantationen auftritt, kann ebenfalls in unsere Prognose einbezogen werden. Das alles ist revolutionär. Wir kommen so zu sehr präzisen Prognosen für jeden Patientenfall: Sie beschreiben die Abwehrreaktionen des Immunsystems des individuellen Patienten auf ein spezifisches Organ für die nächsten 10 bis 15 Jahre. Es wird jetzt einige Jahre dauern, „match better“ – so nennen wir unsere Technologie – weltweit in der klinischen Routine breit zu etablieren und in die Rückerstattungen der Gesundheitssysteme aufgenommen zu werden. Hierin sehen wir die größten Herausforderungen für die nächsten 10 Jahre.

Welche Forschungs- und Entwicklungsarbeit steckt hinter „match better“? Den Nachweis der medizinischen Evidenz unserer Algorithmen haben in den letzten 10 Jahren führende Wissenschaftler auf der ganzen Welt im Bereich der Transplantationsmedizin, Immunologie und Hämatologie mit mehr als 55 begutachteten wissenschaftlichen Publikationen veröffentlicht. Hierfür wurden mehr als 75.000 Patientenfälle einbezogen. Dies zu begleiten, war neben unserer eigenen Forschungs- und Entwicklungstätigkeit die Arbeit der letzten 10 Jahre. Gleichzeitig haben unsere IT-Ingenieure und Bioinformatiker dafür gesorgt, die Rechenabläufe so zu beschleunigen, dass wir Tausende von Fällen gleichzeitig berechnen können. Das angestrebte und nun erreichte Ziel war, die internetbasierte Plattform 24/7 auch in der klinischen Routine weltweit mit allen notwendigen Sicherheitsstandards nutzen zu können. Zum Vergleich: 2013 dauerte der Rechenvorgang für einen einzigen Patientenfall am Großrechner eines Universitätsinstituts elf Stunden, heute sind es Millisekunden. Diese Laufzeitoptimierung war eine bahnbrechende Leistung unserer Mitarbeiter/- innen sowie der akademischen Kollegen. Die Technologien für unsere digitale Plattform konnten wir bereits mit 25 erteilten Patenten in den USA, Europa und einzelnen asiatischen Ländern schützen.

Welche Voraussetzungen müssen für eine Lebendspende erfüllt werden? Anders gefragt: Wer entscheidet, ob eine Lebendspende erfolgen kann? Lebendspender werden in Deutschland bislang für jeden Patienten einzeln in der Klinik des Patienten erfasst. Sobald der behandelnde Arzt die Passgenauigkeit der Spenderniere mit dem Patienten festgestellt und sich von der ethischen Unbedenklichkeit sowie dem Einklang mit dem deutschen Transplantationsgesetz der Lebendspende im Gespräch mit Patient und Spender überzeugt hat, übergibt er den gesamten Vorgang an die Lebendspendekommission. Diese überzeugt sich anschließend nochmals im Gespräch mit Patient und Spender von der ethischen Unbedenklichkeit und prüft den Einklang mit den entsprechenden Bestimmungen des deutschen Transplantationsgesetzes ein zweites Mal. Erst nach deren Urteil kann die Transplantation erfolgen. Um Organhandel auszuschließen, ist der Kreis der möglichen Spender in Deutschland eng begrenzt auf verwandtschaftliche Beziehungen ersten und zweiten Grades. Auch eine besondere Nähe in der Beziehung zwischen Spender und Empfänger kann eine Transplantation begründen. Dies ist eine bewährte Praxis, schließt aber Überkreuz-Transplantationen, wie sie im Ausland an der Tagesordnung sind, praktisch aus.

Welches Potenzial birgt „match better“ für Überkreuz-Transplantationen? Passt der Lebendspender nicht zum Patienten, können Ärzte – theoretisch – auch in Deutschland sogenannte Überkreuz-Transplantationen ins Auge fassen. Hierbei werden zwei Spender- Empfänger-Paare zusammengebracht, die ursprünglich nicht zueinander passen, aber über Kreuz. Unsere Algorithmen und andere moderne Diagnoseverfahren sind hier entscheidend, da sie mit sehr präzisen objektiven und wissenschaftlich untermauerten Daten aus einer großen Gruppe von zueinander nicht passenden Spender- Empfänger-Paaren diejenigen „Quartette“ auswählen können, die möglichst gut und gleichwertig über Kreuz zueinander passen. Eine hohe Passgenauigkeit ist entscheidend für erfolgreiche Transplantationen und für schwierige Fälle (beispielsweise Mütter) besonders relevant. Das deutsche Gesetz sollte hier präzisiert werden, sodass im Falle einer Überkreuz-Spende die „besondere Nähe“ nur für die ursprüngliche Paarung gilt. Es sollte dem behandelnden Arzt und der Lebendspendekommission obliegen, eine Entscheidung über die Überkreuzsituation aufgrund wissenschaftlicher Daten – die unter anderem Pirche bieten kann – zu treffen.

Vermutlich will der Gesetzgeber dem Organhandel einen Riegel vorschieben … Sicher. Aber die Möglichkeit der rettenden Überkreuz-Spende bleibt hier auf der Strecke. Niemand will die bewährten Mechanismen zur Verhinderung von Organhandel bei der Lebendspende aushebeln. Aber ein das Gesetz ergänzender Teilsatz wäre durch eine einfache Gesetzesnovelle binnen Monaten möglich. Textvorschläge liegen von anerkannten Gesundheitsjuristen bereits vor. Auf diese Weise könnten zahlreiche Fälle auf der Warteliste langfristig gelöst werden. Angesichts der Tatsache, dass täglich drei Menschen in Deutschland auf der Warteliste sterben, ist dies eine skandalöse Hängepartie. Ein Blick ins Ausland lohnt sich: Einige europäische Länder machen bereits gute Erfahrungen mit Lösungen wie Ketten-Transplantationen (Spanien) oder altruistische Spender-Pools (Niederlande). Wir gehen davon aus, dass bei einer flächendeckenden Nutzung dieser neuen Technologien jährlich Tausende Patienten durch Überkreuztransplantationen gerettet werden können.

Wenn es um Organtransplantation geht – was bedeutet „match better“ heute? Für die Patienten bedeutet es Überleben und die Rückkehr in ein selbstbestimmtes normales Leben mit ihren Familien. Der technologische Fortschritt macht es möglich, die Transplantatfunktion für die Zuordnung von Organen und damit eine sehr lange Funktionsfähigkeit vorherzusagen. Wir plädieren stark dafür, dass in Deutschland schnell eine nationale Datenbank für Überkreuz-Spenden in Verantwortung der Kliniken etabliert wird.

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