DIE BARBERINI-APP LÄSST DEN LOUVRE GANZ SCHÖN ALT AUSSEHEN

DIE BARBERINI-APP LÄSST DEN LOUVRE GANZ SCHÖN ALT AUSSEHEN

Photo: Helge Mundt, © Museum Barberini

Hightech im Museum

Kultureinrichtungen und Digitalisierung passen einfach nicht zusammen? Denkste. Mit diesem Vorurteil hat das Museum Barberini in Potsdam gründlich aufgeräumt. Nicht von ungefähr wird hier ein ganz besonderer Wert auf die digitale Aufbereitung der Ausstellungen gelegt. Natürlich.
Der Museumsgründer ist schließlich ein Mann, der nicht nur eines der weltweit größten Softwareunternehmen mitbegründete – SAP –, sondern jenseits davon ein Leben lang leidenschaftlich Kunst sammelte: Hasso Plattner. Potsdams größter und großzügigster Mäzen. Mit dem von ihm im wiederaufgebauten Palais Barberini installierten Museum stieg Potsdam 2017 quasi über Nacht in die internationale Kunstwelt auf. Feinste Technik inklusive.

Kunst und Hightech: Die Barberini-App hat sich auf Anhieb auf Platz eins der Nutzerbewertungen katapultiert, dabei große Häuser wie den Pariser Louvre oder das New Yorker Museum of Modern Art ziemlich alt aussehen lassen und ganz nebenbei noch den Oscar der digitalen Welt gewonnen: Die Barberini-App ist „Gold Winner“ bei den Muse Awards.
Entwickler hinter dem preisgekrönten Smart Guide ist die Potsdamer MicroMovie Media, die bereits seit zehn Jahren Apps und digitale Medien konzipiert, designt und programmiert. Gründer Jasdan Joerges, eigentlich ein promovierter Bioinformatiker, arbeitete nach dem Studium ein paar Jahre als Kurator, Ausstellungsplaner und -berater. Die Erfahrungen, die er in dieser Zeit sammelte, waren grundlegend für die Erwartungen, die sich an die Barberini-App knüpften. Die komplexe Museumsplattform läuft auf zwei Servern. Einer steht direkt im Museum. Besucher werden mit der App dabei unterstützt, das Museum zu erkunden und Kunst zu erleben. Mit einem ausgeklügelten sogenannten Beacon-System, das
Signale an die Besucher sendet – etwa, wenn sie einen neuen Raum betreten – werden die Menschen durch das Museum navigiert. Jeder Besucher kann verschiedene Themen als Touren wählen, dazu gibt es Audioguides. Außerdem bietet die App allgemeine Informationen zum Haus, zu den Ausstellungen und mobiles Ticketing: keine lästigen Wartezeiten mehr an der Kasse, einfach einchecken. Wie beim Fliegen. Für Kinder und ihre Begleiter gibt es ein eigenes Angebot. Auch 360°-Touren sind möglich.

Seit Sommer 2019 gibt es via App zudem einen Audioguide für den Potsdam-Stadtrundgang. Es geht um das „italienische” Potsdam, um Stätten, die Vorbilder in Italien haben. Günther Jauch verlieh dieser Tour seine Stimme. In Potsdam wurden an den relevanten Punkten Beacons verteilt, die dem Nutzer via Smartphone Wissenswertes mitteilen, wenn er sich dort aufhält.

Museen wie das Tate Modern in London oder das Rijksmuseum in Amsterdam arbeiten zwar schon länger an ihrer Digitalisierung als das Barberini, aber sie sind Ausnahmen von der Regel. „Es gibt international einen riesigen Nachholbedarf”, sagt Jasdan Joerges. „Die bayerischen Pinakotheken, das Deutsche Museum oder die Stiftung Staatliche
Museen Berlin und viele andere sind gerade intensiv damit beschäftigt.” Die MicroMovie Media GmbH sitzt übrigens nur einen Steinwurf vom Museum Barberini entfernt. In der Humboldtstraße. Nomen est omen: Die Potsdamer haben – soll man sagen: erwartungsgemäß? – die Ausschreibung des Berliner Humboldt Forums gewonnen.

verfasst von
Eva Werner

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